Kommunikation in der Partnerschaft verbessern

Kommunikation in der Partnerschaft verbessern – Wie ihr durch kleine Veränderungen viel bewirken könnt!

Die Kommunikation in einer Partnerschaft ist von unschätzbarem Wert – sie bildet das Fundament für eine glückliche Beziehung. Doch was macht eine „gute“ Kommunikation aus? Trotz zahlreicher Ratgeber und Tipps scheinen viele Paare langfristig an ihren Kommunikationsproblemen zu scheitern. Warum? Weil der Schlüssel nicht nur darin liegt, Techniken zu erlernen, sondern vielmehr darin, sich selbst und seine Bedürfnisse zu verstehen. In diesem Text erkunden wir die tieferen Schichten der Kommunikation in Beziehungen und wie durch das Bewusstsein für eigene Grenzen und Bedürfnisse eine nachhaltige Verbesserung der Partnerschaft möglich wird.

Ist Kommunikation in der Beziehung tatsächlich so entscheidend?

Ganz einfache Antwort: Ja!

Eure Kommunikation in der Beziehung ist sozusagen die Basis für alles andere. Zu einer glücklichen Beziehung gehört eine gute Kommunikation. Doch was ist eine „gute“ Kommunikation?

Es gibt unzählige Bücher über das Thema – im Jobkontext, im Beziehungskontext, im Familienkontext usw. Viele Paare, die zu mir in die Praxis kommen, haben sich schon intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Und doch helfen diese Tipps für eine bessere Kommunikation und all die Ratgeber meist nur kurzfristig. Warum? Weil sie eine Art „Anleitung“ sind, die über das eigentliche Thema gelegt werden und nicht am Ursprung der Problematik ansetzen. Wie sollst du einen Wunsch äußern, wenn du gar keinen Zugang zu deinen Bedürfnissen hast? Wie sollst du Gefühle benennen, die dir gar nicht bewusst sind? Das ist aus meiner Sicht einfach nicht möglich. Deswegen sind die Erfolge solcher Ratgeber größtenteils auch nur von kurzer Dauer. Sobald du mit deinem Partner wieder einen Konflikt oder eine Streitigkeit hast, ist all das theoretische Wissen wieder verloren und du reagierst in deinem emotionalen Muster. Und das ist menschlich. Der Verstand und die Emotionen sind zwei verschiedene Bereiche im Hirn. Unsere Muster reagieren so schnell, dass die gelernte Theorie einfach keine Chance hat. Die Konsequenz ist, dass du dich nach dem Streit ärgerst, dass du deinem Partner wieder Vorwürfe gemacht hast, ihm Unterstellungen und Bewertungen entgegengeworfen hast und es dadurch zu vielen Missverständnissen und zu keinen Lösungen des Themas gekommen ist. 

Was ist die Alternative? Wie immer in meiner Arbeit: „Arbeite mit dir und lerne dich zu verstehen, dann kannst du tatsächliche Veränderungen in deiner Beziehung bewirken!“. 

Die Bedeutung deiner eigenen Bedürfnisse und Gefühle

Auswirkungen deiner Kindheit und Jugend

Auch im Hinblick auf Kommunikation hattest du in deiner Kindheit, vor allem, was das Thema Beziehung(en) angeht, genau zwei Vorbilder: deine Mutter und deinen Vater. Von ihnen hast du gelernt, wie Partner miteinander reden oder nicht reden. Von ihnen hast du dir abgeschaut, wie Paare mit Konflikten umgehen, welche Rolle schweigen, schreien, beleidigt sein, bewerten etc. in einer Beziehung spielen. Du hast dir auch abgeschaut, wie Erwachsene bzw. Eltern mit ihren Kindern kommunizieren und wie die Art der Kommunikation außerhalb der Familie ist. 

Aber nicht nur die Kommunikation in einer Beziehung hast du von ihnen gelernt, sondern auch welchen Zugriff du auf all deine Emotionen und Gefühle hast. Ebenso wie gut du deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse sowie deine Grenzen kennst, wie gut du diese verbalisieren und ausdrücken kannst. All diese Punkte sind das Gerüst für eine funktionierende Kommunikation in der Partnerschaft. Und all das hättest du in deiner Kindheit von deinen Eltern lernen sollen. Da dies aber bei keinem von uns der Fall ist, haben wir alle gewisse Defizite in der Kommunikation. Als erwachsene Person bedeutet dies: Ich übernehme die Verantwortung für die Kompetenzen, die ich von meinen Eltern NICHT gelernt habe und lerne diese. 

Bedürfnisse und Gefühle äußern und Grenzen wahren

Die Kommunikation mit deinem Partner wird wahrscheinlich so lange harmonisch sein, wie ihr einer Meinung seid, du dich gesehen und gehört fühlst. Herausfordernd wird es erst dann, wenn ihr nicht einer Meinung seid oder unterschiedliche Bedürfnisse habt. 

Leider drehen sich die meisten Diskussionen und Konflikte zwischen Partnern nur um ein oberflächliches Streitthema. Das eigentliche, dahinterliegende Thema wird in der Regel gar nicht angesprochen. Deswegen finden viele Paare für Ihre Auseinandersetzungen auch keine Lösungen. Die Themen, derentwegen es zu Streitereien kommt, sind nur der Auslöser und nicht die Ursache des Problems.

Die Ursache sind nicht beachtete Bedürfnisse, überschrittene Grenzen und verletzte Gefühle. 

Wenn ich das meinen Paaren in der Therapie erkläre, sind eigentlich alle verblüfft, weil sie das nicht bemerken. Meine Klienten wollen über Spülmaschinen, Kindererziehung, Haushalt, Freizeitgestaltung usw. reden. Das ist auch richtig und wichtig…aber erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Paartherapie. Zunächst müssen die Partner einzeln lernen, ihre dahinterliegende Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und dann zu verbalisieren. 

Die Partner erwarten jeweils von ihrem Partner, dass er doch die Bedürfnisse und Gefühle kennen und erkennen müsste, obwohl sie es selbst nicht tun. Und wie kann ich etwas von meinem Partner erwarten, wenn ich es selbst nicht kann? 

Wie sieht also die Lösung für diese Zwickmühle aus? Im ersten Schritt ist es die Auseinandersetzung mit dir selbst, deinen Bedürfnissen, Grenzen und Gefühlen. Du (hinter)fragst dich bei allem, was du machst: „Entspricht das meinen Bedürfnissen, Grenzen und Gefühlen?“ oder „Was sind in diesem Moment meine Bedürfnisse / Grenzen / Gefühle?“. Ja, das ist zu Beginn mühsam. So wie alles andere Neue auch. Mit einem neuen Sport zu beginnen, ist am Anfang wahnsinnig anstrengend. Mit der Zeit wird es immer einfacher, automatischer und selbstverständlicher. So ist es hier auch. Die erste Aufgabe in der Paartherapie, um die Kommunikation in der Beziehung zu verbessern, lautet also: achtsam sein mit dir selbst, dich und dein Handeln hinterfragen und üben, üben, üben.

Bedürfnis- und grenzenorientierte Kommunikation in der Praxis

Um zu verdeutlichen, was genau ich meine und wie diese Art der Kommunikation in der Realität aussehen kann, hier ein plakatives Beispiel.

Nehmen wir an, in einer Beziehung ist etwas vorgefallen. Das muss nichts Großes sein, da reichen auch alltägliche Dinge. Der eine Partner möchte über das Geschehene sprechen, der andere Partner hat überhaupt kein Bedürfnis nach Austausch, sondern möchte das Geschehene erst einmal für sich verarbeiten. 

Bei vielen Paaren würde diese Situation in einer Win-Lose-Situation enden. Es gibt keinen offensichtlichen Kompromiss. Ein wenig reden, leise reden etc. entspricht nicht den geäußerten Bedürfnissen. Einer der beiden Partner würde sein Bedürfnis durchgesetzt bekommen (entweder durch Beharrlichkeit oder Flucht) und der andere würde wahrscheinlich mit einem Gefühl zurückbleiben, dass sein Bedürfnis nicht wichtig ist oder seine Grenzen nichts wert sind. In der Regel kann ich einer Partnerschaft ein Partner seine Bedürfnisse besser durchsetzen als der andere Partner. Je nachdem, wie die ursprüngliche Prägung aus der Herkunftsfamilie ist. 

Wenn es immer wieder zu Situationen kommt, in denen ein Partner seine Bedürfnisse zurückstecken muss genauer gesagt das Gefühl hat, dass diese nicht gesehen und gehört werden, dann entsteht in diesem Menschen über die Dauer der Jahre ein wahnsinniger Frust. Bis es eines Tages eskaliert und die Beziehung in einer Beziehungskrise steckt. 

Gleiche Situation – anderer Umgang: Bedürfnis- und grenzenorientierte Kommunikation

Partner 1 äußert sein Bedürfnis, das Geschehene sofort ausführlich zu besprechen. Partner 1 hat Zugang zu seinen Bedürfnissen und kann diese äußern. Ebenso hat er aus seiner Geschichte heraus, gute Gründe, warum es für ihn/sie wichtig ist, das Gespräch nicht aufzuschieben, sondern gleich zu führen. Diese Gründe kann Partner 2 wissen, muss er/sie aber auch nicht. Wichtig ist nur, dass das Bedürfnis von Partner 1 (Reden) nichts mit Partner 2 und seinen/ihren Bedürfnissen zu tun hat. 

Der „Spielball“ liegt nun bei Partner 2: Partner 2 hört das Bedürfnis und spiegelt es im besten Fall (“Ich habe dich gehört. / Ich habe gehört, dass du das Bedürfnis hast zu sprechen.“). Partner 2 gleicht jetzt das Bedürfnis von Partner 1 mit seinen/ihren eigenen Bedürfnissen und Grenzen ab. Folgende mögliche Antworten können dabei herauskommen:

  1. Partner 2 hat auch das Bedürfnis jetzt zu reden => Kein Problem zwischen den Partnern => Win-Win-Situation
  2. Partner 2 würde lieber jetzt nicht reden, aber jetzt zu reden wäre für ihn/sie noch in Ordnung => die eigenen Grenzen werden gewahrt => Win-Win-Situation
  3. Partner 2 will auf gar keinen Fall jetzt reden. Reden wäre eine klare Überschreitung seiner/ihrer Grenzen => Win-Lose- oder Lose-Lose-Situation
Mögliche Antwort von Partner 2AuswirkungSituation
Partner 2 hat auch das Bedürfnis jetzt zu redenKein Problem zwischen den PartnernWin-Win-Situation
Partner 2 würde lieber jetzt nicht reden, aber jetzt zu reden wäre für ihn/sie noch in OrdnungDie eigenen Grenzen werden gewahrtWin-Win-Situation
Partner 2 will auf gar keinen Fall jetzt redenReden wäre eine klare Überschreitung seiner/ihrer GrenzenWin-Lose- oder Lose-Lose-Situation

Wie kann Partner 2 jetzt mit dem 3. Fall umgehen? Partner 2 kennt seine/ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen und kann diese kommunizieren. Partner 2 könnte jetzt Folgendes sagen: „Ich habe dein Bedürfnis gehört. UND ich habe im Moment überhaupt nicht das Bedürfnis zu reden. Wenn ich jetzt mit dir reden würde, würde ich meine eigenen Grenzen übergehen und das möchte ich nicht.“

Diesen Schritt bekommen viele Paare schon hin. Allerdings haben wir hier noch keine Lösung, die zu einer Situation geführt hat, in der beide Bedürfnisse gleichermaßen erfüllt werden. Deswegen muss z. B. noch folgender Zusatz hinzugefügt werden: „Wir können aber gerne heute Abend/morgen/am Wochenende über die ganze Sache sprechen.“

Jetzt liegt der Spielball wieder bei Partner 1. Partner 1 muss nun prüfen, ob dieser Kompromiss für ihn/sie tragbar ist. Das heißt, Partner 1 prüft, ob die eigenen Grenzen so weit ausgedehnt werden können, damit diese nicht verletzt werden. 

Spinnen wir das Beispiel weiter: Partner 1 spürt, dass er/sie auf keinen Fall bis heute Abend warten kann und macht einen Gegenvorschlag: „Ich habe gehört, dass du im Moment nicht reden möchtest. Heute Abend ist mir allerdings zu spät. Wäre es möglich, dass wir uns in drei Stunden zum Reden treffen?“. Dieses Gespräch geht so lange hin und her, bis eine Lösung gefunden wurde, die für beide Partner in Ordnung ist. 

Wichtig dabei ist, dass beide Partner von ihrem Standpunkt nur so weit abweichen, wie es für sie passt und noch stimmig ist. Ebenso ist es wichtig, dass beide ihren Standpunkt kennen und diesen auch vertreten können. Wenn jemand seinen Standpunkt zwar kennt, aber diesen immer wieder „verrät“, ist das für die Beziehungsdynamik nicht konstruktiv. Wenn in einer Beziehung Augenhöhe gelebt werden will, dann gehört auch dazu, dass alle Bedürfnisse und Grenzen immer gleich wichtig und gleichwertig sind. 

Das größte Problem in der verbalen Kommunikation in Beziehungen ist allerdings, dass die Partner meist ihre Bedürfnisse selbst als zu wichtig bzw. zu unwichtig erachten. Genauer gesagt haben sie in der Kindheit nicht gelernt, dass die eigenen Bedürfnisse genauso wichtig sind, wie die eines anderen Menschen. Diese Tatsache (an-) zu erkennen stellt die größte Herausforderung für die Paare dar, um die Kommunikation in der Beziehung zu verbessern. 

Fazit – Gute Kommunikation in Beziehung und Partnerschaft

Die Themen eigene Grenzen und eigene Bedürfnisse sind bei mir fast in jeder Paarberatung ein großes Thema. Und ich weiß auch, dass das Üben dieser Art der wertschätzenden Kommunikation (gerade am Anfang) mühsam und umständlich ist. Aber der Mehrwert dieser Schritte ist sowohl für den Einzelnen als auch für die Partnerschaft unglaublich groß. 

Wenn sich beide Partner in ihren Bedürfnissen und Grenzen gesehen, gehört und respektiert fühlen, dann ist das mehr, als wir von unseren Eltern meist jemals bekommen haben. Jeder wünscht sich genau das für und in seiner Partnerschaft und Ehe: Ich werde wahrgenommen! Und wenn wir beginnen, uns und unseren Partner mit diesem wunderschönen Geschenk zu beschenken, dann ist das ein Zeichen dafür, wie wertvoll ich mir bin und wie wertvoll mir mein Partner und meine Beziehung ist!

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Annika Sengpiel

Paar- und Sexualtherapeutin in Karlsruhe.

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