Halte kurz inne und überlege, wie viel Zeit du im Alltag mit deinem Partner oder deiner Partnerin und deinen Kindern verbringst. Im Durchschnitt arbeiten Männer und Frauen ca. 2–3 Stunden pro Tag mit den Kindern und der Familie. Das ist insgesamt ein Achtel der gesamten Tageszeit.
Umgekehrt bedeutet das, dass du 7/8 deiner Zeit, die dir am Tag zur Verfügung steht, allein, schlafend oder mit fremden Menschen verbringst.
Doch plötzlich seid ihr beide gemeinsam mit den Kindern im Urlaub oder es sind Feiertage. Du hast so viel Zeit für die Familie und manchmal läuft nicht alles so harmonisch, wie du dir das vorgestellt hast.
Wenn Zeit zu zweit in der Partnerschaft zur Herausforderung wird
Je nachdem, wie deine Beziehung vor dem Urlaub ist und welche Basis ihr habt, kann sich die gemeinsame Zeit im Urlaub unterschiedlich gestalten.
Die Zeit beginnt harmonisch, doch nach wenigen Tagen spürst du eine gewisse Anspannung zwischen euch. Streitereien beginnen und der Wunsch, dass der Urlaub vorbei ist, wird immer größer. Der Alltag wird dann als Erleichterung erlebt. Endlich sind die Kinder wieder im Kindergarten oder in der Schule und der Partner zumindest zeitweise woanders. Es fühlt sich nicht mehr wie ein füreinander an. Eher arbeitet ihr gegeneinander.
Gemeinsame Zeit reicht allein oft nicht, um deine Beziehung zu retten. Auch wird sie euren Umgang miteinander und eure Verbindung zueinander nicht zwangsläufig verbessern.
Kompensationsstrategien von Paaren
Oft wollen Paare die Realität ihrer Partnerschaft nicht wahrhaben und versuchen, unangenehme Konfrontationen in der Beziehung zu vermeiden. Diese sogenannten Kompensationsstrategien wendest du bewusst oder auch unbewusst an.
Urlaub mit anderen Menschen, um gemeinsame Zeit zu vermeiden
Kennst du Familienurlaub mit anderen Familien, Freunden oder Schwiegereltern? Diese bezeichne ich sehr gerne als „Rudelurlaube“. Anstatt mit der Kernfamilie allein zu verreisen, werden noch weitere Personen und Familien eingeladen. Paare vermeiden so, sich mit den eigenen Kindern auseinanderzusetzen oder sich miteinander zu beschäftigen. Es ist viel leichter, sich mit „fremden“ Personen über unverfängliche Themen zu unterhalten, als sich mit dem Partner und den eigenen Beziehungsproblemen auseinanderzusetzen. Um solchen schwierigen Situationen aus dem Weg zu gehen, werden diese einfach vermieden. Andere Menschen werden als Puffer benutzt, sodass es zwischen dir und deinem Partner erträglich bleibt.
Aktivideenurlaub
Jeder kennt den Cluburlaub, das Hotel mit Kinderanimation oder den Skiurlaub. Ist dein Gegenüber tagsüber nicht anwesend, minimiert sich die gemeinsame Zeit. So kannst du schwierige Themen vermeiden. Wenn es immer einen getakteten Plan gibt, wird sich eher mit dessen Einhaltung beschäftigt als mit den eigentlichen Problemen. Auch hier ist es wieder leichter, sich über den geplanten Ausflug zu unterhalten, als über das permanente Schweigen in der Liebesbeziehung aufzuregen.
Es gibt keinen Absolutismus!
Nicht immer, wenn du mit anderen Menschen in den Urlaub fährst, ist es automatisch eine Kompensationsstrategie. Nicht jedes Mal, wenn deine Kinder in der Ferienbetreuung sind, ist es automatisch eine Kompensation.
Fühle in dich rein, sei ehrlich zu dir und entscheide dann, ob es sich nach einer Vermeidungsstrategie anfühlt oder nicht.
Wie können kleine Gesten große Wirkung entfalten?
Gerne möchte ich dir einige Tipps mit auf den Weg geben, was ihr gemeinsam tun könnt, um eine stabile Basis zu schaffen. So wird eure Urlaubszeit nicht zur Horrorzeit. Sicherlich sind die Tipps nicht neu, aber du solltest sie dir immer wieder bewusst machen und anwenden.
1. Tipp – Lerne dich, deine Bedürfnisse und deine Emotionen kennen!
Oft geben wir anderen die Schuld für unsere Gefühle. Dadurch begibst du dich in eine Abhängigkeit, verlierst deine Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit. Ist jemand anderes verantwortlich für deine Emotionen, kannst du selbst nichts daran ändern.
Ist dies deine Beziehungsdynamik? Dann ist der erst wichtige Schritt, Verantwortung für deine Gefühle und Reaktionen zu übernehmen. Du solltest erst erkennen, woher deine Beziehungsmuster kommen. Von wem hast du sie gelernt oder übernommen? Auf welches Verhalten deiner Eltern sind sie vielleicht die Reaktion? Wenn du verstanden hast, dass der Großteil der Handlungen und Verhaltensweisen anderer nicht mit dir zu tun haben, bist du einen riesigen Schritt weiter. Dann fängst du an, dich, deine Gefühle und deine Bedürfnisse besser zu verstehen.
2. Tipp – Arbeite an deiner Kommunikation, um Konflikte zu meistern!
Eine gesunde und emotional erwachsene Kommunikation ist offen und fördert gegenseitiges Verständnis. Gemeinsam schafft ihr einen Wohlfühlort, gebt euren Gefühlen den benötigten Raum und arbeitet als Team zusammen. So können Missverständnisse und später auch Verletzungen und Schmerz vermieden werden. Mit den Paaren in meiner Praxis erarbeite ich beispielsweise eine bedürfnis- und grenzenorientierte, emotionsbasierte Kommunikation.
3. Tipp – Beobachte dich in Konfliktsituationen!
Die meisten Konflikte sind nicht zielführend oder lösungsorientiert, sondern ein Kampf für die eigenen Bedürfnisse. Kämpft ihr beide gegeneinander, hat es oft kein positives Ende. Streitigkeiten solltest du bewusst stoppen, damit die negative Dynamik nicht zunimmt. In Konfliktsituationen entstehen die meisten Schmerzen und Verletzungen.
Deswegen mein Tipp für deine nächste Konfliktsituation:
Merkst du, dass der Streit zu nichts führt und ihr euch in einer Negativspirale befindet, solltest du ihn unterbrechen. Vereinbare mit deinem Partner, das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen. So vermeidest du, dass ihr verletzende Dinge zueinander sagt.
Oftmals haben wir nie gelernt, Konflikte emotional und erwachsen zu führen – weder von unseren Eltern noch in der Schule. In keinem anderen Moment als in Streitsituationen springen unsere Beziehungsmuster so schnell an. Deswegen gehe mit diesen Situationen ganz sensibel um und sei dir ihrer zerstörerischen Kraft bewusst.
Hole dir externe Unterstützung – egal wie und von wem und lerne die Kompetenz der Streitkultur (neu). Beschäftige dich mit Büchern, Podcasts oder hole dir professionelle psychologische Unterstützung.
4. Tipp – Blocke dir Zeiten für die Beziehung und deinen Partner!
Der Alltag killt deine Liebesbeziehung, das ist Fakt. Unabhängig von der Anzahl der Kinder, Hobbys oder Arbeitsstunden. Schaust du dir die Phasen einer Beziehung an, willst du anfangs nur Zeit zu zweit genießen. Dieser Zustand hält ca. 12–18 Monate an. Danach fokussierst du dich wieder mehr auf die Außenwelt – Job, Sport, Freunde und Freundinnen. In der wichtigen Verliebtheitsphase baust du eine starke Bindung und Verbundenheit zu deinem Gegenüber auf. Diese Faktoren spielen eine zentrale Rolle, um anschließend den Herausforderungen eines gemeinsamen Lebens standhalten zu können.
Das Leben hält unzählige Herausforderungen für uns bereit, da solltest du deinen Partner oder deine Partnerin nicht aus den Augen verlieren. Ihr seid mehr als nur Mutter, Vater oder Freunde. Du bist Teil einer Liebesbeziehung.
Ich möchte dir verdeutlichen, dass jede Partnerschaft komplett freiwillig geführt wird. Du bist dazu nicht gezwungen, du musst auch nicht bleiben. Ja, du verlierst vielleicht vieles, wenn du sie verlässt. Aber du wirst weiterhin leben und lebendig sein. Die Liebesbeziehung mit deinem Gegenüber zu führen, sollte eine freiwillige Entscheidung sein, die du jeden Tag aufs Neue triffst. Eine gesunde Beziehung fühlt sich beflügelnd an. Du brauchst die Person nicht in deinem Leben, sie bereichert deinen Tag einfach! Die Qualität deiner Beziehung hängt zum großen Teil von deinem und eurem persönlichen Investment ab! Was bist du bereit, in deine Partnerschaft zu geben? Nur wenn du Wertschätzung und Respekt in die Liebesbeziehung gibst, kannst du auch Wertschätzung und Respekt zurückbekommen.
Blockt euch feste Zeiten, die nur euch als Paar und Menschen gehören. Es reicht ein Spaziergang am Wochenende, ein Abendessen im Monat, ein gemeinsamer Urlaub zu zweit im Jahr. Schenke deiner Liebe Zeit, Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Respekt und du wirst überrascht sein, was du dafür zurückbekommst!
5. Tipp – Bleibt körperlich oder integriere Körperlichkeit wieder Schritt für Schritt in eure Beziehung!
Für die Pflege deiner Liebesbeziehung sind vorwiegend die Bereiche Körperlichkeit und Sexualität von entscheidender Rolle. Durch diese zwei Bereiche unterscheidet sich die Partnerschaft von der Liebesbeziehung. Doch worin liegt der Unterschied?
Finde für dich heraus, ob du nur noch in einer Partnerschaft oder doch in einer Liebesbeziehung lebst. Ihr plant und lebt gemeinsam euer Leben, stimmt es aufeinander ab, seid vielleicht sogar liebevoll und respektvoll zueinander. Könntest du theoretisch nicht auch mit einem engen Freund oder Freundin zusammenleben? Die Partnerschaft ist nur ein Teil der Beziehung. Laut einer Studie sind Paare, die keine Körperlichkeit und / oder Sexualität mehr leben, zu 30 % unglücklicher und haben 20 % mehr Beziehungsprobleme.
Bekommt dieser Bereich der Beziehung derzeit wenig Raum, könntest du eine sanfte Berührung beim Vorbeigehen oder eine Umarmung in der Küche in deinen Alltag einbauen. Auch das ist ein bewusstes Investment in deine Partnerschaft, das sich auszahlen wird.
Wie kann ich dich bei der Pflege deiner Beziehung unterstützen?
Gemeinsam mit einer Kollegin haben wir für Paare, die in keiner akuten Krise oder dem Aus der Beziehung stehen, einen Workshop zur Beziehungspflege entwickelt. Dieser intensive Partner-Workshop in zwei bzw. drei Modulen nimmt euch als Paar mit auf eine Reise zu tiefer Verbundenheit, echtem Verständnis und intensiver Nähe. In einer liebevollen und unterstützenden Umgebung entdeckt ihr gemeinsam neue Wege, eure Liebesbeziehung zu stärken und eure Kommunikation zu vertiefen.
Du kannst diesen Workshop als Prävention und als Investition in deine Partnerschaft sehen. Werde dir bewusst, dass deine Beziehung im ständigen Prozess ist. Mit unserer Unterstützung kommt ihr nicht mehr zu einer Krise. Macht euch dieses wunderschöne Geschenk und fühlt euch wieder näher miteinander verbunden! Es lohnt sich. Hier geht es zum Workshop zur Beziehungspflege.